Die Nacht bietet eine ganz besondere Magie und Atmosphäre
In der Nacht wird es nicht langweilig. Der Fokus liegt auf Ruhe, Erholung, Schutz und Geborgenheit. Trotzdem müssen Nachtwachen in der LAK auch über eine gewisse Nervenstärke verfügen. Vor allem dann, wenn es spukt, unerklärliche Ereignisse vorkommen oder die Post abgeht.
Die Geschäftigkeit des Tages ist gewichen. Ruhe kehrt in die Gänge der Pflegeheime der LAK ein. Langsam erlischt auch das Tageslicht. Lichter gehen an. Je nach Standort beginnen die Nachtwachen zwischen 20.00 und 21.00 Uhr ihren Dienst. Sie werden zu zweit oder zu dritt bis morgens um 07.00 Uhr ihren Dienst versehen. Welche Überraschungen hält die Nacht wohl dieses Mal für sie bereit?
Eben findet der Übergaberapport statt. „Da wir alle den Austausch mit dem Tagdienst sehr schätzen und uns der Übergaberapport sowie ein stressfreier Dienstbeginn sehr viel wert ist, nehmen wir uns Zeit für diesen wichtigen Informationsaustausch,“ erzählt Katharina Forrer. Sie ist Nachtwache im Haus St. Florin. Es folgen ein kurzes Briefing und die Arbeitseinteilung. Priorität haben Bewohnende, denen es schlecht geht oder jene, die noch wach sind und Betreuung benötigen. Bis zum Morgen wird sie mehrere Kontrollgänge gemacht haben, um die Sicherheit und das Wohlbefinden der Bewohnenden zu gewährleisten. Auch in der Nacht gibt es typische Abläufe. Die Nachtmedikation wird verteilt. Wer möchte, erhält noch einen Schlaftee. Oft wird auch die Gelegenheit noch genutzt, ein kurzes Pläuschchen mit den Bewohnenden zu halten. Diese geniesen das und die Nachtwache kann sich ein Bild davon machen, wie es den Bewohnenden geht.
Mysterien und Magie der Nacht
Inzwischen ist es ganz dunkel. Der Föhn rüttelt am Haus. Die Nacht birgt ihre Geheimnisse, die auch eine gestandene Nachtwache hin und wieder zu einem ungläubigen Kopfschütteln veranlassen. Im Haus St. Florin geschieht diese Nacht wieder eines dieser Mysterien. Plötzlich fährt der Lift los. Als die Türe aufgeht, tritt jedoch niemand hinaus. „Ich blickte deshalb rasch in den Lift,“ erzählt Katharina Forrer. „Aber im Lift war niemand, ausser unser Hauskater Moritz. Wie er das wohl gemacht hat?“ schmunzelt Forrer. Manchmal spielt einem auch die Phantasie einen Streich. Im Dunkeln wird eine Pflanze plötzlich zum Tier oder der Kleiderständer zum unbekannten Menschen. Auf den ersten Schreck folgt dann jeweils die grosse Erleichterung.
„Die Nacht bietet eine ganz besondere Magie und Atmosphäre. Die Bewohnenden haben andere Bedürfnisse. Gefühle sind intensiver. Die pflegerische Tätigkeit rückt da eher in den Hintergrund. Dafür stehen Schlaflosigkeit und aufkommende Lebensfragen und –ängste im Vordergrund,“ sagt Katharina Forrer. Es herrsche eine ganz andere Stimmung im Haus. Die Eintönigkeit der Nacht, die Ruhe und Stille würde dazu führen, dass sich die Türen ins Innere der Bewohnenden öffnen. Die Wahrnehmung ist oft ganz anders, Schmerzen können stärker sein. Einsamkeit, Ängste, Sorgen und Nöte, die im Tagesgeschehen eher beiseitegeschoben werden können, brechen in der Nacht, wenn alles ruhig ist, plötzlich hervor. Viele Menschen nehmen ihren verschlechterten Allgemeinzustand erst dann wahr. Unruhe oder Angst kommen schneller auf.
„Auch für mich ist das Erleben nachts sehr oft intensiver,“ sagt Forrer. Die Bewohnenden seien offener und es würden sich unvergessliche und tiefgründige Gespräche ergeben. Es könne sein, dass man dabei auch eine Lebensgeschichte erfahre, die einem selbst unter die Haut und ans Herz gehe. Es kämen auch zentrale Fragen zur Sprache wie z.B.: „Haben Sie Angst vor dem Tod?“ Oder es tauche eine Frage auf, an die man selbst noch nicht gedacht habe. „Dies zwingt dann auch dazu, dass man sich mit sich selbst auseinandersetzt. Was auch eine grosse Bereicherung sein kann,“ fährt sie fort.
Hin und wieder sorgen die Bewohnenden in der Nacht für Aufregung. So hat eine Bewohnende im Billardzimmer des Hauses Süd im Haus St. Mamertus vergessen, den Wasserhahnen abzustellen. Das Zimmer wurde überflutet. Als die Nachtwache das Malheur entdeckte, bot sich ihr ein unvergesslicher Anblick. Eine Fläche von ca. 30 qm stand rund 2 cm unter Wasser und der Boden musste ausgetauscht werden.
Nachtwache – ein Traumjob?
Nachtwachen übernehmen Verantwortung für ganze Häuser. Sie müssen oft selbstständig und schnell richtige Entscheidungen treffen, vor allem in Notfallsituationen. Es ist deshalb von Vorteil, wenn schon Berufserfahrung mitgebracht wird“, ist Katharina Forrer überzeugt. Sie möchte Familie und Arbeit unter einen Hut bringen können. Ein Vorteil sei, dass die Arbeitszeiten immer gleich seien. Die 12-Stunden-Schichten als Nachtwache würden mehr freie Tage im Monat bieten. Ein weiterer Vorteil ist, dass der Nachtdienst erst um 21.00 Uhr beginnt. So bleibt am frühen Abend noch Zeit für die Familie und für etwas Ruhe vor der Arbeit.
Die Müdigkeit fordert ihren Tribut
Zwischendurch gab’s denn einen oder anderen Glockenruf. Inzwischen ist es früher Morgen. Ab vier Uhr gibt es wieder mehr zu tun. Bewohnende werden gelagert, Urinbeutel geleert, Dokumentationen nachgeführt und um 06.00 Uhr Medikamente abgegeben. Die Müdigkeit macht sich bemerkbar. Jede Mitarbeiterin hat ihr Geheimrezept um wach zu bleiben. „Was mir in unserem Team sehr stark auffällt ist, wie sehr jede Mitarbeiterin sich und ihren Körper kennt und eigenverantwortlich die nötigen Massnahmen trifft – sei es mit Essen, Bewegung oder Ruhe,“ sagt Forrer.
Es ist kurz nach sieben Uhr. In allen Häusern übernimmt der Tagesdienst das Zepter. Nach dem Übergaberapport gehen die Mitarbeitenden der Nacht nach Hause.